Caritas, VinziWerke, Wohnplattform und Jugend am Werk

Die Ursachen für Wohnungs- und Obdachlosigkeit sind vielfältig: Arbeitslosigkeit und Armut, Migration, Mangel an bezahlbarem Wohnraum, kein Zugang oder zu geringe Absicherung durch das Sozialsystem, unbezahlte Care-Arbeit, Alterung, psychische und physische Gesundheitsprobleme, Erreichung der Volljährigkeit, Sucht, Trennung oder Scheidung, Gewalt, Haftentlassung und mehr. Die Auswirkungen sind gravierend – Betroffene kämpfen täglich ums Überleben: Essen, Kleidung, Nächtigung, hygienische, medizinische und psychologische Versorgung, selbstgewählte Sozialkontakte, Schutz vor Gewalt und Wahrung von Privatsphäre. Die Lebenserwartung eines Menschen, der auf der Straße lebt, ist um 20 Jahre geringer. (Statistik Österreich 2018: Eingliederungsindikatoren 2017. Kennzahlen für soziale Inklusion in Österreich).
- Obdach- und Wohnungslosigkeit als gravierendste Form von Armut braucht in ihrer Komplexität ein Zusammenwirken der Bereiche Soziales, Wohnen, Gesundheit und Justiz auf politischer Ebene, als auch auf Ebene der Behörden, Sozial- und Gesundheitsorganisationen, des privaten, kommunalen und gemeinnützigen Wohnungssektors und der Wissenschaft.
- Die durch uns Geschäftsführer*innen vertretenen Einrichtungen, die sich bereits für die Bekämpfung von Obdach- und Wohnungslosigkeit in Graz und in der Steiermark einsetzen, sehen es als zentrale Aufgabe, diese gesellschaftspolitischen Bedingungen und Veränderungen zu berücksichtigen und dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechende Strategien zur Bekämpfung dieser extremen Form von Armut in Anlehnung an den Dachverband der Wohnungslosenhilfe Österreichs, der BAWO, anzupassen und zu erweitern.
- Die vier Organisationen Caritas, Wohnplattform, VinziWerke und Jugend am Werk bekennen sich ausdrücklich zum Konzept „Housing First“ als wirksames Instrument bei der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit.
- Unter „Housing First“ wird eine eigene, leistbare, dauerhafte und inklusive Wohnung für Betroffene, mit professioneller, freiwilliger Beratung und Betreuung entsprechend der individuellen Bedarfslage verstanden.
- „Housing First“ wird als Säule der Wohnungslosenhilfe in Graz und in der Steiermark forciert und als weiteres Instrument der Gesamtstrategie neben Delogierungsprävention, kurz- mittel- und langfristiger Wohnnotversorgung, Streetwork und mobiler Sozialarbeit etabliert.
- Housing First bietet Menschen die Möglichkeit des Auswegs aus der Obdach- und Wohnungslosigkeit und damit aus ihrer prekären Lebenslage. Es zeigt, dass die Voraussetzung und die Lösung dafür in der eigenen Wohnung liegt, in der Autonomie der Adressat*innen. Stigmatisierung, Fremdbestimmung und Hospitalisierung können so vermieden werden.
- Es wird ein organisationsübergreifendes und bedürfnisgerechtes Betreuungskonzept entwickelt, das eine hohe Betreuungs- und Wohnqualität ermöglicht.
- Wir erinnern Politiker*innen an ihre Verantwortung in der Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit (wie den Ausbau von Gemeindewohnungen).
- Wir setzen uns dafür ein, dass ein Pool an leistbaren Wohnungen von den privaten, kommunalen und gemeinnützigen Wohnbauträgern zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit, insbesondere nach dem Konzept „Housing First“, zur Verfügung gestellt wird.
- Wir nutzen unsere Kontakte und Netzwerke in der Stadt Graz und dem Land Steiermark, um das Konzept „Housing First“ zu stärken und in der gesamten Steiermark zu verbreitern.
- Wir stellen die sozialarbeiterische Expertise unserer Mitarbeiter*innen in der Beratung und Begleitung von Wohnungslosen Menschen zur Verfügung.
- Wir setzen uns für den Ausbau von leistbaren Beratungs-, Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten (aus der Sozialarbeit, aber auch aus der Psychotherapie, Suchtberatung und Existenzsicherung) ein, um grundlegenden Ursachen für Wohn- und Obdachlosigkeit entgegenzuwirken.
- Wir unterstützen die BAWO als österreichweites Netzwerk und Interessensvertretung, um dem Konzept „Housing First“ noch mehr Nachdruck zu verleihen, wie auch das vom Bundesministerium geförderte Strategiepapier der BAWO „Obdachlosigkeit beenden. Eine bundesweite Strategie.“ in der Steiermark umzusetzen. Bis 2025 sollen 2.615 Wohnungen mit freiwilligem Betreuungsangebot zur Beendigung von Obdachlosigkeit bereitgestellt werden.
- Bei der BAWO-Fachtagung 2023 werden wir über die Erfolge bei der Umsetzung des „Positionspapiers Housing First“ und die Unterstützung durch Politik und Verwaltung Bericht legen.
Herbert Beiglböck | Martin Urban | Amrita Böker | Walerich Berger |
Caritas Steiermark | Wohnplattform Steiermark | VinziWerke Österreich | Jugend am Werk Steiermark |
Das Positionspapier können Sie hier in PDF-Form herunterladen.