
Mathilde Unterrieder, Obfrau der Frauen*anlaufstelle VinziHelp und deren Einrichtungen, Vorstandsmitglied der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg – VinziWerke und langjährige Mitarbeiterin in der Pfarre St. Vinzenz ist vergangenen Donnerstag, den 9. September 2021, im Alter von 64 Jahren überraschend von uns gegangen.
Mathilde Unterrieder wurde am 19. Jänner 1957 in Admont geboren und besuchte die Handelsakademie in Liezen. Nach der Matura arbeitete sie als Büroangestellte in der Steiermärkischen Land- und Forstarbeiterkammer in Graz, später auch am LKH Graz, bevor sie sich zur Tagesmutter ausbilden ließ. Zeit für ihre eigenen Kinder – sie hinterlässt einen Sohn und eine Tochter – war für sie von großer Bedeutung, weshalb sie sich nach beiden Geburten eine mehrjährige berufliche Auszeit nahm. Seit 1997 war Mathilde Unterrieder als Pfarrsekretärin in der Pfarre St. Vinzenz tätig, seit dem Ableben von VinziTel-Obmann August „Gustl“ Suppan im April 2020 leitete sie außerdem die Caritas der Pfarre und engagierte sich dort in vielen Funktionen auch ehrenamtlich.
„Kein Schwein hilft mir!“
Über die Pfarre kam Mathilde Unterrieder regelmäßig in Kontakt zu Not leidenden Menschen, denen meist über die Einrichtungen der VinziWerke geholfen werden konnte. Immer wieder waren es aber gerade Frauen*, die sich verzweifelt an sie wandten, weil ihnen überall sonst die Unterstützung verwehrt wurde. Auch die VinziWerke, die zu diesem Zeitpunkt rund 10 Einrichtungen und Projekte zählten, hatten kein passendes Angebot für Frauen*. „Kein Schwein hilft mir!“ – soll der Satz gewesen sein, der ihren weiteren Werdegang besiegeln sollte.
Als sie schließlich gemeinsam mit Pfarrer Pucher am 8. Juni 2004 die Vinzenzgemeinschaft „Soeur Rosalie – VinziHelp“ gründete, wurde sie gleichzeitig als Vorstandsmitglied Teil der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg – VinziWerke. Feingefühl und Spürsinn für die Bedürfnisse des Gegenübers zeichneten die Helferin aus, kaum eine Frau* verließ ihr Büro ohne einen Hoffnungsschimmer oder der Erleichterung ihrer Last. Rund ein Jahr später eröffnete sie bereits die erste Notschlafstelle für Frauen*, das Haus Rosalie. Für jene, die zwar selbstständig wohnen konnten, aber trotzdem Unterstützung brauchten, betrieb sie außerdem eine Wohnbetreuung.
Im Haus Rosalie erkannte sie in den darauffolgenden Jahren, dass Bedarf nach einer anderen Form von Frauen*einrichtung besteht: Unter den Bewohnerinnen* des Hauses fanden sich immer wieder von starken psychischen Belastungen gezeichnete Damen*, deren einziger Weg oft in die Psychiatrie führte. So eröffnete Mathilde Unterrieder am 23. April 2010 die Dauerherberge VinziLife und schaffte damit ein Ruhepol für die von Leben und Krankheit gezeichneten Frauen*. Nachmittags besuchte sie ihre Häuser und kümmerte sich um ihre Schutzbefohlenen – viele ihrer Geschichten kannte sie sehr gut und erzählte sie anderen, um Bewusstsein für die Not zu schaffen. Mit viel Herz und Sinn für Ästhetik gestaltete sie die Räume der Häuser, bis sie sie sich heimelig anfühlten – im Vordergrund stand für sie immer der Mensch und sie war die geistige Mutter von VinziHelp. Hat man sie gefragt, warum sie sich das Helfen zur Lebensaufgabe gemacht hat, sagte sie: „Du bekommst so viel zurück.“
Mit vollstem Engagement hat sich Mathilde Unterrieder für ihre Einrichtungen und die darin lebenden Damen* eingesetzt und ist nicht davor zurückgescheut, Missstände, die sie entdeckte, mitunter öffentlich aufzuzeigen. Ihr Einsatz blieb nicht unbemerkt: 2006 nahm sie den Preis „Steirerin des Monats“ vom ORF Steiermark entgegen, 2007 erhielt sie vom damaligen Landeshauptmann Franz Voves das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark verliehen, erst letztes Jahr wurde sie beim „Steirerin-Award“ in der Kategorie „Helferin“ ausgezeichnet.
Eine Säule der VinziWerke
Vergangenen Donnerstag ist Mathilde Unterrieder überraschend zu Gott heimgekehrt. „Ich habe nicht nur eine sehr engagierte Mitarbeiterin verloren, sondern auch eine kompromisslose Kämpferin für Menschen in Not. Sie hat das Leben so Vieler zum Guten gewandt und ihnen wieder das Gefühl vermittelt, Mensch zu sein. Diese guten Taten werden für immer in Erinnerung bleiben. Ich möchte allen Angehörigen mein tief empfundenes Mitgefühl ausdrücken. Mathilde war mit ihrem Wirken eine Säule der VinziWerke hinterlässt eine Lücke, die nur schwer zu füllen ist. Danke, liebe Mathilde, für all deinen unermüdlichen Einsatz. Ich bin davon überzeugt, dass du jetzt bei Gott bist und weiterhin über unser Werk wachst“, trauert VinziWerke-Gründer Pfarrer Wolfgang Pucher.