Rund 300 Männer* aus dem Ausland nützten im Vorjahr das Angebot unserer Notschlafstelle für Armutsmigranten* davon gehören etwa 60% der Volksgruppe der Rom*nja an. Diese Menschen werden auf Grund dieser Zugehörigkeit in ihren Herkunftsländern oftmals stigmatisiert und sind nur am Rand der Gesellschaft toleriert.

Viele Rom*nja finden in ihren Herkunftsländern nur sehr eingeschränkt Zugang zum lokalen Arbeitsmarkt und sind mitunter am stärksten von Marginalisierung betroffen. Viele können ihre Familien nicht ausreichend versorgen und ihre soziale Lage ist oftmals von Armut geprägt. Hinzu kommen noch weitere Einschränkungen, wie beispielsweise ein mangelhaftes Ausbildungsniveau, Analphabetismus, Perspektivlosigkeit oder auch patriarchale Familienstrukturen, die ein Fußfassen am Arbeitsmarkt kaum möglich machen.
Vergleicht man den durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von Vollzeitbeschäftigten* in Österreich, welcher im Jahr 2018 bei € 3254,00 lag, mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst eines Vollzeitbeschäftigten* in einem der typischen Herkunftsländer eines Roma, in unserem Beispiel aus der Slowakei, aus dem Jahr 2018, so erkennt man schnell, dass dieser Verdienst in Österreich um fast zwei Drittel höher lag. Wobei die Lebenshaltungskosten im gleichen Zeitraum in der Slowakei um nur rund 20 Prozent geringer waren als in Österreich (Eurostat, 14. April 2021). Zuletzt sollte uns auch bewusst sein, dass der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst für die meisten Roma auf Grund der obengenannten Hindernisse nicht erreicht wird. Aufgrund dieser Schwierigkeiten in ihren Herkunftsländern entscheiden sich viele Roma nach Österreich zu kommen und hier zu versuchen das nötige Geld zu verdienen um ihre Familien in den Heimatsländern zu ernähren.
Die Covid19-Pandemie hat uns alle hart getroffen und viele von uns vor neue Herausforderungen gestellt. Große Bereiche der Wirtschaft in Österreich wurden eingeschränkt oder ganz geschlossen. Ausgangsbeschränkungen wurden erlassen und ein Grenzübertritt war nur noch unter bestimmten Bestimmungen möglich. Die Ungewissheit begleitet uns bis heute. Viele Roma kehrten im ersten Quartal 2020 heim zu ihren Familien aus Angst, dass ein späterer Grenzübertritt nicht mehr möglich sein könnte. Manche, ohne Familie oder Heimat, blieben und blickten der Pandemie verunsichert entgegen.
Unser Augenmerk soll heute auf den Roma liegen, welche in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind. Wie auch in Österreich war ihr Alltag zu diesem Zeitpunkt von der Pandemie dominiert. Täglich wurden sie von Informationen über die Gefahren des Virus erreicht. Die Maskenpflicht kam. Geschäfte waren nicht mehr frei zu betreten. Wie in Österreich auch kam es in ihren Herkunftsländern zu „Hamsterkäufen“. Die Menschen versuchten Vorräte mit dem nötigsten anzulegen und sich auf die Zukunft vorzubereiten. Doch womit Vorräte anlegen, wenn doch kein Geld für das Nötigste vorhanden ist? Durchhalten, aushalten und weitermachen.
Die Monate vergehen, Grenzen werden wieder passierbar, die ersten Lockerungen kommen. Der Moment zum Durchatmen, doch die Pandemie ist noch nicht vorbei. Viele versuchen die Grenzen zu überqueren, werden jedoch ohne negativen Antigen-Test abgewiesen. Diese Tests sind zu diesem Zeitpunkt noch teuer und für viele nicht erschwinglich. Dann kam die zweite Welle und mit ihr neue Einschränkungen. In vielen der Herkunftsländer gab und gibt es nach wie vor strengere Beschränkungen als in Österreich.
Die Maske wird erneut zum täglichen Begleiter. Arbeit zu finden war vor der Krise schon schwierig, ist jetzt aber nahezu unmöglich geworden. Natürlich versucht der Staat seine Bürger*innen bestmöglich zu schützen und in dieser schweren Zeit zu unterstützen. Doch die Hilfen sind bescheiden und reichen oftmals nicht um die Lebenshaltungskosten zu decken. In vielen Ländern wird eine Testpflicht beschlossen und den Menschen mit dem Verlust der Sozialleistungen gedroht, wenn sie dieser Pflicht nicht Folge leisten. Mit den Massentestungen kommen auch die Testergebnisse. Nachbarn, Freunde oder Familienmitglieder werden positiv auf das Virus getestet. Erstmals ist das Virus greifbar. Die Unsicherheit wird größer. Menschen werden aufgerufen die Häuser nur noch aus wichtigen Gründen zu verlassen. Soziale Abgrenzung dominiert diese Zeit. Doch für einige bieten auch die eigenen vier Wände nicht ausreichend Schutz. Das Geld fehlt und die Verzweiflung nimmt zu. Die ersten Mahnungen treffen ein, doch womit die Schulden tilgen? So bleiben diese Rechnungen vorerst unbezahlt. Konflikte in den Familien nehmen zu und in so manchen Familien führen diese Konflikte zu gewaltsamen Übergriffen. Wohin fliehen in dieser unsicheren Zeit?
Langsam ändern sich die Meldungen. Die Regierungen der einzelnen Länder versuchen Stabilität und Sicherheit zu suggerieren. Man ist sich der Situation bewusst und erlässt, sobald es möglich ist, erneut Lockerungen. Man versucht die Lage zu entspannen und sich auf die dritte Welle vorzubereiten. Viele Roma finden nicht die Zeit um sich zu erholen. Die Krise dauert zu lange. Zu lange konnte nicht ausreichend Geld verdient werden und die dritte Welle wird kommen, da sind sich die meisten Experten einig. Man tut was kann um sich vorzubereiten, doch es ist kaum genug. Rechnungen wollen bezahlt werden, der Winter kommt und man benötigt Heizmaterial. Doch das Geld reicht kaum um die Familie zu ernähren und ist nicht genug um Brennholz zu kaufen. Und nicht zum Schluss gibt es Kinderaugen die während der Krise immer trauriger wurden und erneut zum Leuchten gebracht werden wollen.
Doch die Ruhe währt nur kurz. Bald steigen die täglichen Neuinfektionen erneut an und man ist zum Handeln gezwungen. Die dritte Welle rollt an und mit ihr kommen die Beschränkungen zurück. Man hat sich mittlerweile daran gewöhnt. Zumindest etwas Verunsicherung konnte abgebaut werden. Die Maske auf der Straße zu tragen wurde zur Normalität. Doch die finanzielle Lage wird immer prekärer. Erneut werden Mahnungen zugestellt und den ersten Betroffenen wird der Strom abgedreht. Der Winter kommt und das Heizmaterial reicht nicht aus. Es wird in vielen Häusern kalt und dunkel. Die Konflikte in den Familien keimen erneut auf und man weiß nicht wie man die nächsten Wochen überstehen soll.
Der Frühling kommt und mit ihm kommt die Hoffnung. Die ersten Impfstoffe wurden zugelassen und eine Entspannung der Situation ist in Aussicht. Viele versuchen nach Österreich einzureisen und den Meisten gelingt es. Aber auch die Situation in Österreich hat sich verändert. Die Folgen der Pandemie sind spürbar und werden uns wohl noch die nächsten Jahre begleiten. Auf der Straße lässt sich kaum noch Geld verdienen und Gelegenheitsarbeiten sind rar geworden. Die Roma in Österreich schaffen es nicht ausreichend Geld zu verdienen um die offenen Rechnungen in ihren Heimatländern zu bezahlen. Somit bleiben viele der Häuser weiterhin vorerst dunkel.
Doch die Hoffnung lebt. Das Leben geht weiter und man hat schon viele Krisen in seinem Leben bewältigt. Man wird es auch dieses Mal schaffen und muss weitermachen. Man soll nicht vergessen zu lächeln, egal wie schwer das Leben ist. Lächeln wenn die Kinder einem in die Augen blicken. Für die Tränen bleibt die Nacht.