Im Herbst des Vorjahres wurden wir von den Kolleg*innen der mobilen Sozialarbeit angefragt, ob wir einen obdachlosen Mann, der seit Monaten auf den Stufen des Pavillons im Volksgarten nächtigt, aufnehmen könnten.
Von: Sabine Steinacher, Leiterin VinziDorf Graz

Es handle sich um einen polnischen Staatsbürger, der derzeit keine Ansprüche in Österreich habe und auch nicht versichert sei. Die Sorge der Kolleg*innen war groß, dass dieser Herr in der kalten Jahreszeit „vor ihren Augen“ erfrieren könnte.
Wir haben – nennen wir ihn Josef – im November bei uns aufgenommen. Er hat sich schnell eingewöhnt und hat es auch geschafft, innerhalb kurzer Zeit fast völlig auf den Alkohol zu verzichten. Ein großes Problem ist für Josef geblieben – sein rechtes Auge war aufgrund eines weit fortgeschrittenen grauen Stars fast völlig erblindet und wie erwähnt bestand zu diesem Zeitpunkt keine Versicherung und es gab auch keine Aussicht darauf. Wir zerbrachen uns im Team den Kopf darüber, wie wir Josef helfen könnten. Bis uns einfiel, dass uns vor etwa zwei Jahren ein Herr Dr. Mayer-Xanthaki, Facharzt für Augenheilkunde, angeboten hatte, Bewohner* fachärztlich zu unterstützen, wenn Bedarf besteht.
Ich rief Dr. Mayer-Xanthaki an, erklärte ihm die Situation und er war sofort bereit, Josef zu operieren. „Das machen wir schon“, waren seine Worte.
Nach einer Voruntersuchung bekam Josef einen Operationstermin im Grazer Augenlaserzentrum vom mit Dr. Mayer-Xanthaki befreundeten Prim. Dr. Abri, wo Josef kurz vor Weihnachten an einem Freitag operiert wurde. Da diese Operation eine Nachkontrolle am nächsten Tag erfordert, war es für Dr. Mayer-Xanthaki selbstverständlich, an einem Samstag für Josef in seine Ordination zu kommen, um diese Untersuchung durchzuführen.
Es fällt uns schwer, unsere Dankbarkeit in Worte zu fassen und es war uns einfach wichtig diese Geschichte zu erzählen, frei nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“.
Dieser Artikel ist erstmals im Juni 2021 in unserer Zeitschrift „Armendienst ist Gottesdienst“ erschienen.
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