Die VinziWerke trauern um ihren „Gustl“ Eisner

Seit der Bosnienkrise kümmerte sich Gustl Eisner um Not leidende Menschen (c) Bettina Fink

August „Gustl“ Eisner, der sich seit 1992 in den VinziWerken engagierte und seit 1993 die Notschlafstellen für Armutsmigrant*innen VinziNest und VinziSchutz ehrenamtlich leitete, ist am 2. Mai 2021 im 85. Lebensjahr zu Gott heimgekehrt.

Von: Nora Tödtling-Musenbichler
Koordinatorin der VinziWerke

Der Fleischer mit dem großen Herz. Gustl Eisner wurde am 25. Juli 1937 in Graz geboren, wo er auch die Volks- und Hauptschule besuchte. Nach der Lehre zum Fleischer war er in einigen Fleischereien in Österreich und Deutschland beschäftigt. Jahrzehntelang arbeitete er bis zu seiner Pensionierung im Schlachthof, wo er viele Jahre als Betriebsleiter tätig war. Seit 1960 war er mit seiner Anna verheiratet und hinterlässt eine Tochter und einen Enkelsohn, der ihm alles bedeutet hat.

Als er 1991 in Pension ging, startete er sogleich seine ehrenamtliche Karriere in den VinziWeken. Über 30 Jahre engagierte er sich an der Seite von VinziWerke-Gründer Pfarrer Wolfgang Pucher für Menschen in Not. Begonnen hat dieses Engagement mit seinem Einsatz während der Bosnienkrise, als am Grazer Hauptbahnhof bosnische Kriegsflüchtlinge strandeten und keine Unterkunft und Hilfe erhielten. Gustl Eisner unterstützte Pfarrer Pucher bei der Errichtung der VinziZelte am Sportplatz hinter der Pfarre St. Vinzenz und organisierte u.a. die Lebensmittelversorgung für die Geflüchteten.

Nebenbei fuhr er regelmäßig mit dem VinziBus und war ab dem Jahre 1992 maßgeblich bei der Errichtung der Notschlafstelle VinziNest beteiligt. Seit 1993 leitete er die Notschlafstelle ehrenamtlich. In dieser Zeit holte er hunderte ausländische Obdachlose aus Abbruchhäusern, öffentlichen WC-Anlagen sowie unter Brücken in die Einrichtung und gab ihnen einen Schlafplatz, ein warmes Essen, aber vor allem schenkte er ihnen Geborgenheit und Würde.

„Er gab ihnen einen Schlafplatz und warmes Essen, aber vor allem Geborgenheit und Würde.“

Nora Tödtling-Musenbichler über Gustl Eisner

Als 2011 die Stadt Graz ein allgemeines Bettelverbot erlassen hat, kämpften Pfarrer Pucher und August Eisner mit großem Einsatz dafür, dass dieses Verbot wieder aufgehoben wird. Gemeinsam organisierten sie eine Demonstration gegen das Bettelverbot mit zahlreichen Teilnehmer*innen und setzten sich selber zum Protestbetteln auf die Straße. Gleichzeitig suchte und fand Gustl Eisner für viele Rom*nja Arbeitsplätze, damit sie und ihre Familien überleben konnten. Durch den unerbittlichen Einsatz gelang es, dass 2013 das Bettelverbot in der Steiermark vom VfGH wieder aufgehoben wurde.

Ein Herz wie ein Bergwerk

Gustl Eisner war nicht nur VinziNest-Leiter und Initiator vieler Projekte, sondern war ein Mann mit viel Herz und Gefühl für die Ärmsten der Armen. Von vielen Gästen der Notschlafstellen wurde er liebevoll Papa oder „Herr Gusti“ genannt und einige der Bewohner*innen kannte er schon seit der Geburt, da er die Rom*nja-Familien auch sehr oft in ihrem Heimatort Hostice besucht hat. Gustl war immer auf der Seite der Armen und setzte sich mit seiner ruhigen, aber dennoch bestimmten Art für Menschen am Rande ein.

Für sein engagiertes Wirken erzielt er zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem wurde er 2006 mit dem Goldenen Ehrenzeichen der Stadt Graz ausgezeichnet und 2013 erhielt er das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark. Eine besondere Auszeichnung für August Eisner war aber die Ehrenbürgerschaft im slowakischen Rom*njadorf Hostice, die ihm der Bürgermeister von Hostice verliehen hat.

„Es ist ein schwerer Verlust für die VinziWerke und vor allem für die Bewohnerinnen und Bewohner der Notschlafstellen VinziNest und VinziSchutz, die ihren ‚Papa‘, wie sie Gustl Eisner liebevoll nannten, verloren haben“, trauert Pfarrer Wolfgang Pucher um seinen Weggefährten.

„Wir wünschen der Familie viel Kraft, Trost und Gottes Segen in dieser schweren Zeit. Gustl wird auch weiterhin als Schutzengel für alle Ausgegrenzten und armen Menschen da sein und über sie wachen. Vergelt’s Gott für all dein engagiertes Tun und Wirken!“, so Pfarrer Pucher.