
Aus der Serie „Armut ist weiblich*“ mit Christina Fössl
In unserer „vinzigen“ Serie erzählen wir von Frauen*, deren schweres Schicksal sie zu den VinziWerken geführt hat. Künstlerin Struwl Manzana landete nach dem Tod ihres Vaters auf der Straße, eine Verletzung beraubte sie ihrer Mobilität und brachte sie sogar ins VinziDorf-Hospiz der Elisabethinen. Wieso sie mittlerweile positiv in die Zukunft blickt, hat sie uns in einem Gespräch verraten.
Schon auf den ersten Schritten in die Wohnung hat man vieles zu entdecken: Hier eine kunstvoll in sich verschlungene Wurzel, da ein Gemälde, dort bunte Bänder mit einem Totenkopf als Dekoration. Christina Fössl kennen ihre Freunde eher als „Struwl“, ihren Künstlernamen hat sie auf „Struwl Manzana“ ergänzt. So nennt man sie, wenn man sie Wienerlieder und österreichische „Hodan“ singen hört. Sie ist eine Autodidakt-Rundum-Künstlerin. Doch das Schicksal war nicht immer gütig zu ihr. Denn bis vor einiger Zeit lag sie noch im VinziDorf-Hospiz, war ein schwerer Pflegefall. Ein Bandscheibenvorfall und zwei kaputte Hüften machen sie fast immobil, jahrelang klaffte eine offene Wunde an ihrem Bein, weil die Ärzte eine Streptokokken-Infektion nicht erkannt hatten. Zugezogen hatte sie sich die Verletzung, als sie aus ihrer Wohnung ausziehen musste – sie war einfach zu teuer geworden. Strom und Wasser waren bereits abgedreht. Nach 17 Jahren in einem Zuhause, in dem sie sich geborgen fühlen konnte, war nicht nur ihr geliebter Vater verstorben, sie stand plötzlich auf der Straße.
„Ich habe viele Schulen angefangen und abgebrochen, ich habe noch nicht gefunden, was mich erfüllt“, erzählt Struwl. Auf jeden Fall weiß sie aber, in welche Richtung es gehen soll: Sie singt und malt gerne, sie gestaltet und kommuniziert. Kreativität ist ihr Ding und liegt auch mit zwei kreativen Brüdern in der Familie. Ihr Leben hat sie sich mit Gelegenheitsjobs finanziert. Über einen breiten Freundeskreis ist sie in die Punk-Bewegung gerutscht: „Es geht da nicht nur um diese wundervollen Partys, die wir gefeiert haben. Wir waren auch politisch aktiv.“ Einer rebellischen Gesinnung haben sich aber auch Experimente mit Substanzen beigesinnt, Partys und Festivals standen an der Tagesordnung, aber auch eine Umgebung, in der sie der Tod immer begleitet hat: „Ich habe sicher um die 30 Freunde verloren. Auch der Tod meines Vaters hat mir zugesetzt, ich habe meinen Schmerz, meine Depressionen weggetrunken.“
Besondere Stücke haben besondere Plätze in der Wohnung von Struwl (c) VinziWerke Ihre Gitarren sind ihr großer Stolz (c) VinziWerke Viel selbst Gebasteltes und Gemaltes findet sich in ihrer Wohnung (c) VinziWerke Fürs Musizieren findet sie immer Zeit (c) VinziWerke
Als sich ihre Beinverletzung zusehends verschlechterte, fand auch der destruktive Lebensstil ein abruptes Ende. „Ich verbrachte Wochen im LKH, danach war ich auch bei den Elisabethinen und in der Albert-Schweizer-Klinik. Ich hatte kein Zuhause, war ein Pflegefall und bekam nirgendwo einen Platz. Zwischendurch musste ich auch im Haus Rosalie unterkommen“, erzählt Struwl von ihrem Leidensweg.
Über eine Sozialarbeiterin wurde ihr ein Platz im VinziDorf-Hospiz der Elisabethinen vermittelt. „Man muss sich schon überwinden, um Hilfe zu suchen“, gibt sie zu. Ab da ging es bergauf: „Ich habe von einem Tag auf den anderen zum Trinken aufgehört, das Bein ist langsam besser geworden. Über das Solido-Projekt von VinziTel habe ich schließlich eine Wohnung gefunden. Ich bin überglücklich“, erzählt die Künstlerin. Was sie sich für die Zukunft wünscht? „Mein Umfeld wahre ich wie einen Schatz, Freunde sind mein Familienersatz, sie sind mir das Wichtigste. Ich wünsche mir weiterhin eine leistbare Wohnung, dass ich Musik machen, viel verreisen und unabhängig sein kann. Ich hoffe, dass ich die Kultur zum Beruf machen kann. Ich will einfach glücklich sein“, sagt Struwl. Auf die Vergangenheit blickt sie nicht unbedingt negativ zurück: „Wenn man ganz unten ist, lässt man einfach los. Der Rest kommt dann von alleine.“